23.05.2014
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Aris Chatzistenaou, Journalist und Filmemacher aus Athen, Regisseur der Dokumentarfilme "Debtocracy", "Catastroika" und "Faschimsus AG"
Yunous Mohammadi, Präsident des Griechischen Flüchtlingsforums
Dimitris Psarras, Publizist, Autor des Buches "Schwarzbuch Goldene Morgenröte"
Giorgos Chondros, Mitglied im Zentralkomitee der Partei Syriza

In seinem neuen Dokumentarfilm „Faschismus AG“ zeigt Aris Chatzistefanou, wie Industrielle und Bankiers in den 20er und 30er Jahren den Faschismus förderten, um sozialistische Bewegungen und Gewerkschaften zu zerschlagen. An den Rändern Europas würde sich heute, in der Krise, dieses Muster wiederholen: In Griechenland wurden rechtsextreme Parteien wie „Goldene Morgenröte“ und LAOS von Teilen der ökonomischen Eliten und der großen Medienkonzerne als „letztes Mittel“ unterstützt. LAOS wurde sogar von der EU ausdrücklich als Teil der nicht gewählten Regierung von Lukas Papadimos willkommen geheißen. In der Ukraine unterstützen währenddessen EU, USA und IWF eine Regierung unter Beteiligung der neonazistischen Swoboda-Partei, um ökonomische und geopolitische Interessen durchzusetzen – ein gefährliches Spiel, das leicht außer Kontrolle geraten könne.

Ministerpräsident Samaras spricht von einer „griechischen Erfolgsstory“ – doch die Realität sieht anders aus: Die Schulden sind seit Beginn der „Rettungsmaßnahmen“ von 120 % auf 180 % des BIP gestiegen, die Selbstmordrate ist in die Höhe geschnellt. Das öffentliche Gesundheits- und Bildungssystem sei bereits in großen Teilen zerstört, so Chatzistefanou. Existenzangst und Armut würden laut Ärzten langfristig zu einem massiven Anstieg von Herz-Kreislauferkrankungen führen, oft mit tödlichen Folgen. Der angebliche Haushaltsüberschuss sei eine Fiktion, denn die Schulden der Regierung – darunter nicht ausgezahlte Gehälter an Staatsbedienstete – würden nicht berücksichtigt. Die Linke – auch die Partei Syriza – könne dem neoliberalen Programm nur etwas entgegensetzen, wenn große soziale Bewegungen wie in Lateinamerika eine progressive Regierung unterstützten.
 

Während Griechenland mit den Folgen der Krise zu kämpfen hat, versuchen zehntausende Flüchtlinge über Griechenland nach Europa zu gelangen. Dort erwarten sie Polizeioperationen wie „Ksenios Dias“, Gefangenenlager und Deportation. Das griechische Flüchtlingsforum nennt die Zustände unmenschlich. Die Gefangenenlager glichen „Folteranstalten“. Die EU unternehme nichts, um die Situation zu ändern. Im Gegenteil. Sie finanziere die Politik der Abschreckung und Abschiebung. In Griechenland hätten die großen Parteien, so der Journalist Psarras, die rassistische Agenda der Goldenen Morgenröte übernommen. Sie machten Stimmung gegen Migranten, forderten „Konzentrationslager“ für Flüchtlinge und die Säuberung der Städte.
 

Nach der Kürzung der Löhne und Renten, der Zerstörung von Arbeiterrechten wie Kollektivverträgen findet nun die dritte Phase der Sparprogramme in Griechenland statt: Die Privatisierung von Gemeingütern wie Flughäfen, Häfen, der Bahn, Krankenhäusern oder Schulen. Dabei werde auch der Natur- und Landschaftsschutz ausgehebelt, so Giorgos Chondros von der Linkspartei Syriza. So plane die Regierung, die griechischen Strände für die Bebauung freizugeben. In der Region Skouries versucht sie zusammen mit der kanadischen Firma Eldorado gegen massiven Wiederstand eine umstrittene Goldmine durchsetzen. Chondros fordert u.a. eine internationale Schuldenkonferenz, die wie 1953 im Fall der Bundesrepublik Deutschland dem griechischen Staat Schulden erlasse.